Negative Erfahrung: Ist das eine Tantramassage oder ein Übergriff?

Die meisten der hier auf dem Yoni-Massage-Infoportal veröffentlichten Erfahrungsberichte sind von begeisterten Frauen geschrieben worden. Um aber das gesamte Spektrum der möglichen Erlebnisse abzubilden, gehören leider auch negative Erfahrungen dazu. Wir sind sehr dankbar, dass Claudia den Mut hatte, uns zu schreiben, was sie bei einem Anbieter in Süddeutschland erlebt hat. Ihre Erfahrung zeigt, wie wichtig es ist, dass man in seriösen Händen landet. Deshalb empfehlen wir immer wieder: Lerne deine Masseurin, deinen Masseur erstmal bei einer normalen Wellnessmassage kennen und spüre dann nach, ob alles so war, wie es gut für dich ist.

Du musst vertrauen können, dass du gesehen wirst, dass man nachfragt, ob alles in Ordnung ist, dass man auch mit aufkommenden Gefühlen gut umgehen kann. Du solltest auch dir selbst vertrauen können: Die Musik gefällt dir nicht? Sage es und bitte um eine andere. Ertrage es nicht deshalb, weil du nett sein willst. Diese Kleinigkeiten sind ein gutes Übungsfeld für Selbstfürsorge.

Jeder Frau mit Missbrauchserfahrung oder anderen sexuellen Schwierigkeiten empfehlen wir, eine Tantramassage erst mit einer MasseurIN zu versuchen, damit du nicht gleich durch die Kombination Masseur/du an eine Täter/du-Situation erinnert wirst.

Von Frau zu Frau gibt es bestimmte Muster in der Interaktion zwischen euch nicht, es sei denn du hast Missbrauchserfahrungen von Frau zu Frau erlebt. Von Frau zu Frau ist für die meisten ein unbeschriebener, sicherer Raum für erste Erfahrungen mit der Yoni-Massage. Wenn das gut klappt, kannst du immer noch weiter gehen und einen Masseur buchen.

Claudias negative Erfahrung bei einer Tantramassage mit Masseur

Claudia schrieb uns Anfang 2021 von ihrer negativen Tantramassage-Erfahrung aus dem Jahr 2017. Hier ihr Text:

„Hallo Yoni-Massage-Redaktion, nachdem ich „Tantramassage Missbrauch“ gegoogelt habe, bin ich auf eurer Seite gelandet. Ich habe noch nie jemanden die ganze Geschichte erzählt und möchte euren „Bitte melden“-Aufruf dazu nutzen, zu teilen, was mir passiert ist.

Die Ausgangslage: Blockade im Sexualchakra

Nach dem ich mich längere Zeit mit dem Thema Chakren beschäftigt habe, habe ich mir eine Blockade im Sexualchakra diagnostiziert. Es passt ganz gut zu meinen Kindheitserfahrungen und auch zu meinen Problemen im sexuellen Bereich. Was ich mit den Blockaden in diesem Chakra verbinde sind enorme Schuldgefühle mit denen mich meine Eltern aufgezogen haben. Dadurch hat sich ein „Ich verdiene nicht….“ – Gefühl eingestellt, was mich blockiert, meine Lust zuzulassen. Später kam die ein oder andere unschöne Erfahrung mit Männern dazu.

Die Hoffnung: positive Erfahrung mit einem Mann

Ich habe viel gelesen und gehört und das Thema „Tantramassage“ tauchte immer wieder auf – als quasi das Heilmittel gegen ein Blockaden in diesem Bereich. Da ich endlich eine lustvolle Sexualität erleben wollte, entschied ich mich für einen Tantramasseur. Das Geschlecht war mir zuerst egal, aber dann dachte ich, ein Mann wäre vielleicht besser, da ja meine negativen Erfahrungen mit diesem Geschlecht geschehen sind. Ich dachte, ich könnte so bestehende negative Erfahrungen positiv überschreiben.

Die Vorbereitung: ein ausführliches Vorgespräch

Ich habe also einen Anbieter gefunden und dorthin gleich sehr ehrlich von meinen Problemen und Erfahrungen aus der Vergangenheit geschrieben. Mir wurde genau dieser Masseur von seiner Chefin empfohlen, weil er so einfühlsam sei. Wir haben einen Telefontermin ausgemacht und eine gute Stunde telefoniert. Das hat sich richtig gut angefühlt, dass er sich so viel Zeit genommen hat.

Wir haben dann einen Termin ausgemacht und da ich es natürlich „richtig“ machen wollte, habe ich gleich das volle Programm gebucht, die Tantramassage inkl. Yoni-Massage.

Die Ankunft: erste Irritationen

Dort angekommen gab es noch ein kurzes Gespräch. Ich konnte duschen und dann haben wir begonnen. Der Raum war sehr dekoriert, viel Rot, viel Samt und indirektes Licht. Es gab Kerzen und eine große Matratze. Im Hintergrund lief indisch wirkende Mantramusik, es war immer der gleiche Song, hinterlegt mit Frauengestöhne. Ich habe mich ein wenig wie in einem Puff gefühlt.

Der Masseur und ich waren von Anfang an nackt. Erst gab es eine gemeinsame Atemübung bei der wir uns gegenseitig eine Hand auf die Brust des anderen legten, uns in die Augen schauten und gemeinsam atmeten.

Danach ging die Massage los.

Die Massage: mehr ertragen als genossen

Erst lag ich auf dem Bauch, dann auf dem Rücken. Massiert wurde ich mit Händen, Federn, verschiedenen Stoffen. Einiges fühlte sich gut an, einiges nicht. Ich habe nichts gesagt und ehrlich gesagt kaum geatmet. Ich habe stillgehalten. Irgendwann ging es immer näher in Richtung meiner Yoni und ich muss zugeben das mich das schon auch erregt hat. Der Masseur hat sich noch einmal rückversichert ob alles soweit passt. Ich habe nur genickt. Ich war sehr angespannt zu diesem Zeitpunkt. Ich wollte gar nicht das er weiter macht, aber ich wollte doch meine Blockade loswerden und wenn das dazu gehört, dann vertrau ich ihm da jetzt, dachte ich innerlich, und ließ ihn weitermassieren.

Der Übergriff: eine sehr merkwürdige Position

Er bat mich dann, mich auf die Seite zu legen und die Beine anzuwinkeln. All das habe ich mit geschlossenen Augen gemacht, da ich mich nicht mehr getraut habe, diese aufzumachen. Er hat sich dann hinter mich gelegt. Seinen Arm unter mir durchgeschoben und mich an ihn ran gedrückt. Seine andere Hand hat er in mich reingeschoben, ich schätze so zwei Finger und während er mich rhythmisch damit gestoßen hat und sein Becken an meins gepresst hat, hat er mir ins Ohr gestöhnt.

Ich lag einfach nur da, steif und habe aufgehört zu atmen. Als es fertig war, ist er aufgestanden. Er hat mir verkündigt, dass die Massage nun vorbei ist und das ich duschen gehen kann. Das habe ich gemacht, dann gezahlt und dann bin ich gegangen.

Das Danach: ein Gefühl von Traumatisierung

Es fällt mir jetzt, also mehr als drei Jahre später, sehr schwer das aufzuschreiben. Vor allem da ich während der Massage teilweise erregt war und auch feucht geworden bin und ja… ich habe ja nicht gesagt das er aufhören soll.

Manchmal versuch ich mir klar zu machen, dass es auch seine Verantwortung als Tantramasseur zu erkennen wie weit er gehen kann oder ob sich die Frau noch wohl fühlt oder gerade re-traumatisiert wird.

Aber dann habe ich das Gefühl damit meine Verantwortung abzugeben. Ich wollte das ja unbedingt. Ich schäme mich sehr dafür und ich fühle mich total blöd und ekelig und schuldig.

Und – Überraschung – meine Blockaden sind NICHT verschwunden, eher sind sie verstärkt. Wenn ich erregt bin, zieht sich meine Yoni so sehr zusammen das es teilweise weh tut.  Die „Massage“ die ich hier erhalten habe, hat mir langfristig geschadet und bereitet mir einige Probleme. Hingabe oder einfach das unschuldige Annehmen das ich mich erregt fühle, sind für mich enorm schwierig geworden. Auch reagiert meine Yoni körperlich, was sehr unangenehm bis schmerzhaft ist.

Ich habe schon immer wieder verschieden Übungen und Aussöhnungen mit dem Thema probiert, nur so richtig raus bin ich nicht. Zumal es davor ja schon ein paar übergriffige Situationen gab.

Das alles war 2017 und ich fange jetzt erst an richtig zu verstehen, was für eine Scheiße mir da mit dieser Tantramassage-Erfahrung passiert ist und wie sehr ich darunter leide. Immer wieder kommen die Bilder hoch.

Ehrlich gesagt fühle ich mich vergewaltigt. Auch wenn das wahrscheinlich nicht der richtige Ausdruck ist.

Euch diese negative Erfahrung für das Yoni-Massage-Portal zu schreiben war so mein erster Schritt in die Richtung mir einzugestehen, dass es nicht ok war, was der Typ mit mir gemacht hat.

Danke fürs Lesen.


Unser Kommentar aus der Redaktion

Von dieser negativen Erfahrung zu lesen, tut uns richtig im Herzen weh. Claudia hat genau das erlebt, was man in einer Tantramassage nicht erleben sollte. Schon gar nicht, wenn man in seiner Sexualität verunsichert oder gar traumatisiert ist.

Aus dieser negativen Erfahrung kann man viel lernen

Symboldbild Shakti-FigurAuch wenn es traurig macht, von ihrer Erfahrung zu lesen, ist dieser Bericht sehr wichtig. Zum einen für jede Interessentin, damit sie sich klar macht, dass man eine so intime Session nicht mal eben buchen und sich damit heilen kann. Ein Tantramassage mit Yoni-Massage ist wirklich eine große und tief gehende Sache, die Achtsamkeit und gute Ausbildung erfordert. Gerade, wenn blockierende  sexuelle Vorerfahrungen gibt. Es liegt großes therapeutisches Potential darin, das mit dem Körper zu bearbeiten – aber das gehört in erfahrene Hände.

Zum anderen ist dieser Bericht einer negativen Erfahrung für Tantramasseure und -masseurinnen wichtig, weil man dabei lernt, wie schnell man übersieht, wenn etwas nicht stimmt. Wenn die Frau ganz still wird, wenn sie kaum noch atmet, einen nicht mehr ansieht, dann ist sie entweder im Glücksnirvana – oder im Freeze. Das ist ein geschockter Zustand, in dem die Person nicht mehr handlungsfähig ist. Bei vorhandenen Trauma geht kann das bis zur Dissoziierung: Dann steigt sie aus ihrem Körper aus, atmet kaum noch (wie ein Totstellreflex) und sie lässt es über sich ergehen, weil sich durch die Traumatisierung nicht wehren kann.

Ein guter Kontakt während der Massage ist ganz wichtig

Glücks-Nirvana oder Trauma-Freeze zu unterscheiden braucht Erfahrung und Ausbildung. Und guten Kontakt im gesamten Verlauf der Session. Dieser Masseur war nicht mehr im Kontakt, er hat es einfach nicht mitbekommen, dass Claudia schon lange ausgestiegen war, ohne es sagen zu können. Er sein Programm durchgezogen, ist vielleicht sogar seiner Lust gefolgt – um Claudia ging es nicht. Das ist missbräuchliches Verhalten.

Auf unserer GoogleMap listen wir seriöse Anbieter/innen, wovon manche auf Missbrauch spezialisiert sind. Lest die Webseiten, telefoniert mit der Anbieterin und bucht erst eine Wellnessmassage. Fühlt, ob alles stimmt: die Dekoration, die Musik, die Art, wie man mit euch umgeht. Und ob ihr euch am nächsten Tag noch gut oder merkwürdig beschmutzt fühlt.

Ganz typisch bei sexuellen Übergriffen sind die Schuld und Schamgefühle, die Claudia empfindet. Dass sie die Schuld bei sich sucht und Jahre braucht, um ganz klar zu schreiben, dass der Masseur einen Fehler gemacht hat. Und das hat er! Zu einer seriösen Tantramassage gehört es definitiv nicht, dass sich ein Masseur in der Löffelchenstellung nackt an das Gesäß der Kundin presst und sie fingert. Das ist keine Tantramassage, das ist eine Sexstellung. Bei einer Tantramassage steht der Masseur in den Diensten der Frau, es geht nicht um seine Lust. Er sollte respektvoll und rituell massieren, also eben genau nicht das tun, was man vielleicht privat machen würde. Niemals presst er sein Geschlechtsteil an die Kundin. Er massiert mit den Händen. Das war eine übergriffige Position, die in einer seriös ausgeführten Tantramassage nach den Kriterien des TMV Tantramassage-Verbandes nicht vorzukommen hat!

Schlussbemerkungen zur Anonymität: Wir möchten sensibilisieren

Wir veröffentlichen bewusst keinen Namen des Masseurs, weil ein Erfahrungsbericht immer subjektiv ist und wir keinen Rechtstreit wollen. Mit Claudia haben wir persönlich gesprochen und wissen, dass sie echt ist.

Wir möchten, dass dieser Bericht einer negativen Erfahrung anderen hilft, gut für sich zu sorgen bei der Auswahl des Masseurs/der Masseurin.

Wir wollen auch die Anbieter sensibilisieren, wirklich gut in Kontakt zu bleiben, um kein Freeze zu übersehen.

Außerdem haben wir den Masseur auf den Bericht hingewiesen, so dass er weiß, dass er gemeint ist und sich Gedanken dazu machen kann.