Aus dem Kreislauf des Missbrauchs treten – Interview mit Mari Sawada
Mari Sawada praktiziert als Frauenmasseurin und Sexualcoach in Velbert. Immer wieder kommen Frauen mit Missbrauchserfahrung zur Yoni-Massage zu ihr. Über die Möglichkeiten, den Missbrauch mit dieser Körperarbeit zu bearbeiten, spricht sie in diesem Interview.
Mari, wie kann eine Yoni-Massage einer Frau mit Missbrauchserfahrung helfen?
Ein zentraler Schlüssel für eine Frau, in ihre Kraft und Schönheit zu kommen, liegt in der Beziehung zu ihrem Schoßraum, zur eigenen Yoni. Wenn so etwas wie ein Missbrauch vorliegt, ist die Verbindung zur Yoni in den meisten Fällen schwer belastet, und die Frau ringt, ihre Sexualität selbstbestimmt und freudig zu leben, was letztlich auf ihr ganzes Leben Auswirkungen hat. Die Yoni-Massage in ihrer Radikalität und Natürlichkeit stellt einen direkten Weg dazu dar.
Durch die Berührung können lang gelagerte Verletzungen losgelassen werden. Immer wieder sind die Frauen erstaunt, wie leicht sie sich anschließend fühlen. Manche sagen, dass sie nach all den Gesprächstherapien nun endlich das Gefühl haben, auch auf zellulärer Ebene ,aufräumen‘ zu können.
Welcher Hintergrund, welche Ausbildungen befähigen dich, eine solche schwierige Session zu leiten und die Emotionen zu kanalisieren?
Neben der Ausbildung zur Frauenmasseurin und zum Sexualcoach habe ich auch ein Psychologiestudium absolviert, außerdem habe ich eine langjährige Praxis in verschiedenen Kommunikationstechniken, unter anderem in der Transparenten Kommunikation nach Thomas Hübl.
Neben konkreten körperlichen Übergriffen gibt es auch subtile Formen von Missbrauch, was ist damit gemeint?
Geschätzt wird, dass eine von vier bis fünf Frauen irgendeine Form von Missbrauch erlebt haben. Einige der Frauen, die zur Massage zu mir kommen, haben sexuellen Missbrauch erlebt. Viele durch ihren Vater, aber manchmal ist es auch der Großvater, der ältere Bruder oder sonst jemand.
Nicht immer ist der Missbrauch offensichtlich. Er kann auch in Form einer ’sexuellen Aufklärung‘ getarnt sein, in der der Vater mit ihr Pornofilme angeschaut und sie dabei berührt hat. Oder die Tochter hört von ihm: „Wenn nur ein paar Zentimeter von einem Penis in dir drin ist, bist du schwanger!“ und spürt seine eigene Lust auf sie projiziert.
Was kann eine missbrauchte Frau in der Yoni-Massage erleben?
Oftmals erinnert sich die Frau an keine konkrete Situation, doch auf einmal taucht der betreffende Mensch als Gedanke in der Massage auf, während ich sie an oder in der Yoni massiere. Emotionen wie Ohnmacht, Angst, Wut, auch Hass steigen auf. Gefühle, die zu dem Zeitpunkt des Geschehens nicht vollständig gefühlt, geschweige denn ausgedrückt werden konnten und so im Körper gelagert waren, zeigen sich, da die Frau nun in der Lage ist, in einer geborgenen Umgebung diese zu fühlen und auszudrücken.
Wie gehst du mit diesen hervorbrechenden Gefühlen um?
Manchmal wird es laut: „Geh weg!“, „Ich will das nicht!“, „Ich hasse dich!“. Sie weinen, schluchzen, schreien, ballen ihre Hände zu Fäusten und schlagen um sich. So lange, bis sie all die Gefühle gefühlt und ausgedrückt haben und die Stelle, in der die Gefühle eingefroren waren, sich entspannt, weicher wird und schmerzfrei.
Meine Aufgabe als Frauenmasseurin besteht darin, erstmal durch das Vorgespräch und die Ganzkörpermassage eine geborgene Situation für die Frau zu bereiten. Wenn sie dann in der Yoni-Massage Stellen aufspürt, in denen Altes gelagert liegt, bleibe ich mit meinen Fingern dort und halte in der Hauptsache den Raum und bezeuge den Prozess während der Entladung.
Wo kommt das alles nur her, die Täter wissen doch, dass ihr Handeln falsch ist?
Nicht immer handeln sie bewusst. Häufig lebten die Eltern bzw. Großeltern der Frau keine befriedigende Sexualität. Auch bestand eine allgemeine Verklemmtheit oder Tabuisierung durch religiöse Moralvorstellungen und über Generationen vermittelte Glaubenssätze um das Thema herum. Diese können dazu führen, dass solche Übergriffe aus einem unbewussten Teil des Täters heraus geschehen.
So kommt es vor, dass er, wenn die Tochter ihren Mut aufbringt und ihn darauf anspricht, die Tat leugnet oder als belanglos herunter spielt.
Es kann wohl tatsächlich sein, dass er diesen Teil in sich selbst so wenig kennt und sich so nicht mit ihm identifiziert, dass auch seine Frau, also die Mutter der Betroffenen, wenn es der Vater ist, nicht daran glauben kann und ihn in Schutz nimmt, statt zu ihrer Tochter zu stehen und sie zu unterstützen. Dabei ist es so wichtig für das Mädchen, Menschen zu haben, die ihr zuhören und mit ihr sind, damit sie ihre Angst, Trauer, Wut und all die Gefühle um das Geschehen herum teilen kann.
Das heißt, neben dem körperlichen Übergriff muss sie auch noch das Alleingelassensein verkraften?
Ja, sie ist doppelt belastet, denn neben dem Ereignis, das einschneidend war, ist es noch zusätzlich die Einsamkeit damit, wodurch sie leiden. Das ist zu viel und führt zu einer Traumareaktion, dazu, dass all die Gefühle mit der Erinnerung daran ‚eingefroren‘ werden und in ihrem Körper lagern.
Was hat diese Traumareaktion für die Frau für Folgen?
Das kann bedeuten, dass sie ihr Herz und ihren Körper zu einem gewissen Grad verschließt. So kann sie zwar in einer Beziehung sein, ohne sich wirklich öffnen zu können, seelisch und/oder körperlich. Oder aber sie findet keinen Partner, mit dem sie zusammen bleiben kann. Die eingefrorenen Stellen stehen ihr im Wege, sich voll und ganz zu fühlen.
Sie kann Sex haben und auch Kinder gebären, ohne ganz mit ihrem Körper, mit ihrer Yoni verbunden zu sein. Somit ist sie in der sexuellen Begegnung nicht ganz mit ihrem Partner verbunden, und während der Entbindung nicht ganz mit sich und ihrem Kind.
Es muss schwierig sein für ein Paar, damit umzugehen.
Hierin liegt eine Ursache, warum viele Frauen nicht ganz in ihrer Kraft und Schönheit stehen, und warum viele Paare um eine glückliche, authentische Sexualität ringen. Wenn das Paar keine glückliche Sexualität lebt, kann es zu unbewussten und bewussten Konflikten zwischen den Beiden und/oder in der Person selbst führen.
Und wenn sie nicht darüber sprechen und das Bewusstsein dafür fehlt, entstehen unbewusste Teile in ihnen, die bei Gelegenheit die Lust und die Frust eigenständig ausagieren, zum Beispiel in Form eines Übergriffs in der Beziehung selbst und/oder außerhalb als Affäre oder als Missbrauch gegenüber ahnungslosen Menschen. Daher ist es so wichtig, das Thema anzuschauen und darüber zu sprechen.
Es gehört Mut dazu, sich den Gefühlen rund um den Missbrauch zu stellen. Worin liegt die Chance?
Im Licht des Bewusstseins können wir wieder sehen, dass alle Regungen wie Angst, Scham und Schuldgefühle sowie Lust, Begierde und Frustration einfach menschlich sind, die die Frau sowie den Mann aber belasten, wenn sie sie unterdrücken.
Viel Energie kann dafür aufgewendet werden, um diese nicht an die Oberfläche kommen zu lassen, doch loswerden kann man sie nur, wenn man sich ihnen stellt und sie fühlt. Dann ist die Frau aus dem alten Kreislauf des Missbrauchs getreten und geht ihren selbst gewählten Weg im Frausein und in der Sexualität.
Kontakt:
Mari Sawada, Bergstr. 11b, 42555 Velbert, Tel: 015751986927
www.marisawada.com
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